Der Titel mag einigen befremdlich erscheinen. High Perfomance und Viele, die gemeinsam etwas voranbringen? Teamwork? Vielleicht sogar noch demokratische Übereinkünfte?
Mein beruflicher Hintergrund oder besser gesagt die Basis sind die darstellenden Künste. Und jetzt bin ich als Leadership Coach für Kreativität, Innovation, sowie wirksame Kommunikation tätig. Und immer wieder bin ich als Kulturmanagerin und Keynote Speakerin international unterwegs.
In allen „meinen“ Bereichen ist High Performance ein großes Thema und überall begegne ich der Überzeugung, dass die Menschen, die vorne stehen und die Lorbeeren entgegennehmen, allein für deren Verdienst verantwortlich seien. Was, kurz gesagt, einfach nicht stimmt.
Als Beispiel: im Interview für meinen podcast kultursalon mit meinem Kollegen Ralph Schubert, High Performance Experte, der lange in der Formel eins gearbeitet hat, kam es eindrücklich zur Sprache. Er hat gesagt, dass es zwar so aussieht, als wäre der siegreiche Formel 1 Pilot der Einzige, der diesen Sieg einfährt, in Wahrheit sind aber rund 2000 (zwei Tausend!) Menschen an diesem Sieg beteiligt. 1000, die sich um die Motorenentwicklung kümmern und 1000, die sich mit dem Chassis beschäftigten.
Ich möchte euch jetzt ein Bild aus dem Bereich Kreativität und Kultur geben, denn dort verhält es sich genauso. Mein Wunsch wäre, dass die/der geneigte Leser dieses Bild in die eigene Arbeitswelt übersetzt.
Ein ganzes Team nähert sich der Herausforderung ein Theaterstück auf die Bühne zu stellen. Es finden sich meist mehrere Lösungsansätze. An einem Punkt wird entschieden, eine dieser Lösungen umzusetzen. Je nach Genre steht dann bei der Premiere ein Mensch oder eine Gruppe im Fokus bzw. im Scheinwerferlicht und erntet die Lorbeeren. Im Hintergrund haben aber trotzdem mindestens noch einmal so viele Menschen gearbeitet. Ihre Kunst, vernetzt zu agieren, effektiv neue Wege zu gehen oder einfach neues Denken zu wagen, macht eine gute Performance erst möglich. Dabei sind gerade im Hintergrund alle die beteiligt, die sich um die Kommunikation des Systems mit den Zuschauern kümmern, die auch bedenken, dass eine gute Übersetzung in die Vorstellungskraft der Rezipienten gelingen muss. Dazu gehören die, die das Skript, das Drehbuch ausarbeiten, meist nach einer Idee von jemand anderem, dann die oder der Regisseur:in, die als das Auge von außen fungiert. Es gibt die Bühnen- und die Kostümbildner, damit der gestaltete Ort als Akteur bewusst genutzt wird. Da sind dann aber auch noch die Techniker:innen, die sich um das Akustische kümmern, die Lichtdesigner, um die Stimmung zu erzeugen, die Musiker:innen, um Gefühle hörbar zu machen. Ja, und dann gibt es da noch diejenigen, die nach außen kommunizieren, damit überhaupt Leute davon hören und als Folge im Publikum sitzen. Und noch einige mehr. Egal wie viele Menschen also direkt auch der Bühne stehen, es ist immer ein ganzer Tross im Hintergrund tätig, der nie zu sehen ist. Und auch wenn man bei Premieren zumindest das Leading Team (Regie, Bühne und Kostüm) beim Schlußapplaus zu sehen bekommt, ist das gesamte Team deutlich größer und unsichtbar.
Übertragen auf Organisationen und deren Innovationsfähigkeit kann man folgendes feststellen: gemeinsam „geht mehr“. Ganz einfach weil mehrere gute Köpfe besser auch größere Komplexität steuern können, weil mehr Ideen mehr Handlungsoptionen entstehen lassen und weil eben mindestens eine:r der „Mehreren“ bestimmt eine gute Lösung anzubieten hat. Oft ist diese inspiriert von der Diskussion und dem Austausch mit den anderen.
Damit das funktioniert, braucht es etwas, das ich High Performance Kultur nenne. Etwas wo das Miteinander gut gepflegt wird, sich die Beteiligten einbringen und miteinander agieren.
Kultur sind die ungeschriebenen Gesetzmäßigkeiten, die jede:r in einer Community kennt und an die sich alle halten. Sie ist immer ein Konglomerat von Prinzipien, Haltungen und Werten. Oft vergessen die handelnden Personen, dass der eigene Ansatz nicht der einzig mögliche oder richtige ist. Dann geht das sogar so weit, dass Menschen glauben, dass sie beginnen, Andersdenkende auszugrenzen oder anzufeinden. Das gipfelt dann in weniger konstruktive Modelle, es bilden sich eher ich-bezogene Gemeinschaften, die nicht mehr gestalterisch und kreativ sind, sondern abgrenzend und ausgrenzend agieren und allem „Anderen“ skeptisch bis abwertend gegenüberstehen. High Performance gehört dann der Vergangenheit an, denn die ganze Kraft wird in die Systemabschirmung gesteckt statt in Weiterentwicklung.
Was gehört nun aber zu einer gelingenden High Performance Kultur:
- Allem voran eine Kommunikation, die Austausch fördert und offener Kreativität den Boden bereitet
- Ein sicherer Raum, der Experimente zulässt
- Die Fähigkeit zuzuhören, sich selbst und den anderen
- Die Reflexion, in der transparent besprochen wird
- wohin die Reise geht
- was gerade funktioniert, was nicht
- „wie“ man arbeiten möchte, wie alle Beteiligten in der Arbeit oder im Team agieren
- dass Fehler und „alles was nicht funktioniert“ Teil des Ausprobierens sind
- in der Erfolge wertgeschätzt werden
- Eine gehörige Portion Mut, es braucht auch Zuversicht ins Gelingen und Vertrauen, dass nicht enttäuscht wird.
- Und ja, sollte es einmal enttäuscht werden, muss es klare Prinzipien im Umgang damit geben.
Zusammengefasst kann man sagen, dass High Performance ein Teamkonstrukt ist und wir uns also gut beraten sind, uns in eine Richtung weiter zu entwickeln, in der es um die Kultivierung des Miteinander geht, darum wie jede:r Teilnehmende eine Rolle und eine Stimme hat. Denn: High Performance ist die logische Konsequenz, wenn die Weisheit der Vielen genutzt wird.
Verfasserin:
Karola Sakotnik, MAS MBA; Gründerin Future Skills Farming