Unternehmen befinden sich permanent in Transformation. Wenngleich die meisten
aktuell am ehesten an die digitale Transformation, befeuert durch Covid19, denken,
so gibt es natürlich auch viele andere Motive, warum Unternehmen
Veränderungsinitiativen starten oder sich in solchen befinden. Zielsetzung ist dabei
stets mehr Effektivität, und/oder mehr Effizienz und dadurch Stärkung der
Resilienz. Beispiele aus meinem Umfeld sind Down- oder Rightsizing-Initiativen der
Organisation aufgrund der erschwerten finanziellen Ertragslage, Vorbereiten des
Generationenwechsels in der Führungsmannschaft, Hinterfragen und eventuelles
Redesign seines Geschäftsmodells, oder einfach nur das Weiterentwickeln einzelner
Unternehmensbereiche wie Supply Chain Management, Einkauf, Controlling oder
HR.
Ist es bei einigen Initiativen auch ohne große Erklärung klar, dass sich etwas ändern
muss (z.B. Sparen in Krisenzeiten), so ist es bei anderen Veränderungsprojekten eben nicht immer der Fall. Nietzsche schreibt: “Wer das Warum kennt, kann jedes Wie ertragen”. In meiner unternehmerischen Praxis habe ich gelernt, dass wenn wir als Führungskraft unsere Erläuterungen über das Warum nicht mehr hören können, wir unser Team/unser Unternehmen ausreichend oft informiert haben. Dabei müssen wir stets die 2 Kernfragen „Warum wollen/müssen wir dorthin“ und „Wie schaffen wir ein emotional-stärkendes Bild, das uns in Bewegung bringt (emotion creates motion)“ im Fokus haben.
Geht es schließlich um die methodische und inhaltliche Planung seiner
Transformation, so sind folgende Quellen besonders hilfreich: Während sich für das
(1) emotional-methodisch richtige Vorbereiten und Aufsetzen einer Transformation
ein Blick in die Klassiker der Change-Management-Literatur (z.B. Leading Change
von Kotter, Making sense of Change Management von Cameron/Green) oder eine
Zusammenarbeit mit einem in diesem Gebiet spezialisierten Berater und
Sparringspartner anbietet, so sind bei (2) der inhaltlichen Konzeption folgenden
Inputs von zentraler Bedeutung:
- Expertenwissen des eigenen Teams, das die Gegebenheiten am ehesten
einschätzen kann, und dessen Wissen und Ideen wir über gut gestaltete
Workshop-Settings abgreifen können. - Neutraler Fachinput von anderen branchenverwandten und auch
branchenfremden Firmen und Partnern, welchen wir beispielsweise über
ERFA-Runden oder unser (Social-Media)Netzwerk (kostenfrei/-günstig)
einholen können. - Impulse von Beratern und Hochschulen (Projekte, Coaching, Diplomarbeiten)
- Referenzmodelle und Empfehlungen aus Büchern und Zeitschriften (z.B. gibt
es für alle Unternehmensfunktionen bzw. für gesamte Organisationen
Reifegrad- bzw. Exzellenzmodelle, an welchen wir uns anlehnen können).
Gerade bei der Gewichtung und Interpretation der Empfehlungen und gehörten
Ideen von außen ist achtsam vorzugehen. Nur weil bestimmte Strategien, Modelle
oder Prozesse bei anderen Firmen (sehr) gut funktionieren, heißt dies noch nicht,
dass dies bei unserem Unternehmen auch der Fall sein muss. Der Begriff der „Best-Practice-Beispiele“ suggeriert dies zwar, ist aber besser über den Begriff der „Good-Practices“ zu verstehen, an welchen wir uns anlehnen, und unsere Schlüsse daraus ziehen sollten. Da wir gerade in der aktuellen Situation mit limitierten (finanziellen) Ressourcen agieren müssen, wird jener erfolgreich sein, der die cleveren Prioritäten setzt, und die verfügbaren Ressourcen auf das lenkt was effektiv wirkt, und Aktivitäten in anderen Bereichen bewusst zurückschraubt.
Um die Bedeutung des hierfür notwendigen Selbst- und Andersdenkens noch ein
wenig zu unterstreichen, stelle ich am Ende die Geschichte von Dick Fosbury, seines
Zeichens einer der erfolgreichsten Hochspringer seiner Zeit. Er war es, der in den
1960er Jahren die Welt des Hochsprungs transformiert hat, und dies nicht mit
Gleichmacherei (also dem besseren Imitieren von „Best-Practices“). Vielmehr war
sein Erfolgsrezept ein anderes: Klare Zielsetzung wo es hingehen soll (höher als
andere über die Latte springen), Studieren der erfolgreichen Techniken, hartes
Training der Grundlagen, dann aber die Entwicklung einer innovativen (disruptiven)
Technik/Methode um erfolgreich zu sein. Sein Ansatz ist heute als der Fosbury-Flop bekannt, und beschreibt das (effektivere) Überqueren der Latte rückwärts.
Dieser Ansatz brachte ihm 1968 die Goldmedaille bei den olympischen Spielen ein,
und ist bis heute der (Best-Practice-)Standard in dieser Disziplin
Verfasser:
Dr. Jörg Schweiger, Gründer & Geschäftsführer der Unternehmens-Beratung Mind & Elephant sowie Professor für Operations & Supply Management.