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Unter­schie­de zwi­schen Start­up Grün­dern und Gründerinnen

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Frau­en sind in der öster­rei­chi­schen Start­up-Sze­ne noch immer deut­lich unter­re­prä­sen­tiert und grün­den sel­ten allein. Laut dem Aus­tri­an Start­up Moni­tor waren es in Öster­reich im Jahr 2019 nur 5 % Frau­en, die allein gegrün­det haben. Im Ver­gleich dazu haben 14 % der Män­ner allein gegrün­det, also fast drei Mal so viel. Nur 3 % der Frau­en grün­den gemein­sam mit einer ande­ren Frau, wäh­rend fast 23 % der Män­ner mit min­des­tens einem ande­ren Mann gründen.

Als ich wäh­rend mei­nes Bache­lor­stu­di­ums auf die­se erschre­cken­den Zah­len gesto­ßen bin, habe ich mir sofort die Fra­ge gestellt: Was unter­schei­det die weni­gen Start­up Grün­de­rin­nen von den Grün­dern? Oder gibt es sogar Gemein­sam­kei­ten? Die Ant­wor­ten auf mei­ne Fra­gen habe ich in bestehen­der Lite­ra­tur, sowie in Inter­views mit stei­ri­schen Start­up Grün­dern und Grün­de­rin­nen gefunden.

 

Unter­schie­de

Die ers­ten Unter­schie­de zwi­schen Unter­neh­mern und Unter­neh­me­rin­nen fin­det man bereits in ihrer Aus­bil­dung. Frau­en schlie­ßen in Öster­reich laut Lite­ra­tur­re­cher­che deut­lich mehr Stu­di­en ab und grün­den – viel­leicht des­halb? – durch­schnitt­lich vier Jah­re spä­ter als Män­ner. Lei­der fin­den sich immer noch sehr weni­ge Frau­en in tech­ni­schen Stu­di­en­gän­gen, da sie eher für wirt­schaft­li­che oder natur­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en entscheiden.

Ein wei­te­rer auf­fäl­li­ger Unter­schied, den ich wäh­rend mei­ner Inter­views bemerkt habe, war, dass Män­ner eher in grö­ße­ren Grün­dungs­teams grün­den und Frau­en sich öfter für ein Ein­zel­un­ter­neh­men ent­schei­den. Die Grün­dungs­teams der befrag­ten Grün­der waren nicht nur grö­ßer, son­dern auch rein männ­lich oder über­wie­gend männlich.

Den größ­ten und auf­fäl­ligs­ten Unter­schied konn­te ich bei der Ziel­set­zung von Grün­de­rin­nen und Grün­dern fin­den. Laut bestehen­der Lite­ra­tur stel­len Unter­neh­me­rin­nen sozia­le Wer­te über wirt­schaft­li­che Wer­te — das konn­ten auch mei­ne Inter­views bestätigen.

Die befrag­ten Start­up Grün­der nann­ten bei den Zie­len für die nächs­ten fünf Jah­re mehr Mitarbeiter:innen ein­zu­stel­len, mehr Märk­te zu erschlie­ßen, kon­ti­nu­ier­lich zu wach­sen, Abtei­lun­gen und Struk­tu­ren auf­zu­bau­en, den eige­nen Markt­an­teil zu ver­grö­ßern und Markt­füh­rer im DACH-Raum zu wer­den.  Anhand die­ser Ant­wor­ten lässt sich schon erken­nen, dass die Zie­le der Unter­neh­mer sehr wirt­schaft­lich ori­en­tiert und auf star­kes Wachs­tum aus­ge­legt sind.

Die Zie­le der Unter­neh­me­rin­nen waren orts­un­ab­hän­gig arbei­ten zu kön­nen, ein Buch zu schrei­ben, mehr Frei­zeit als Arbeit zu haben, kos­ten­los Wis­sen zu ver­mit­teln und zufrie­de­ne Mitarbeiter:innen zu haben. Nur zwei der befrag­ten Unter­neh­me­rin­nen nann­ten ein gro­ßes, inter­na­tio­na­les Unter­neh­men zu bau­en und euro­pa­weit tätig zu sein als Ziel. Die­se bei­den Unter­neh­me­rin­nen haben gemein­sam mit einem Mann gegründet.

Ins­ge­samt lässt sich erken­nen, dass die Zie­le der Unter­neh­me­rin­nen über­wie­gend sozia­ler und per­so­nel­ler Natur sind. Die­ses Ergeb­nis stimmt auch mit der vor­han­de­nen Lite­ra­tur über­ein, die behaup­tet, dass die Prio­ri­tä­ten von Frau­en oft in per­sön­li­chem Wachs­tum liegen.

 

Gemein­sam­kei­ten

In die­sem Post möch­te ich mich nicht nur auf die geschlech­ter­spe­zi­fi­schen Dif­fe­ren­zen kon­zen­trie­ren, son­dern auch auf­zei­gen, wo sich Män­ner und Frau­en im Unter­neh­mer­tum ähn­lich sind.

Die größ­ten Gemein­sam­kei­ten zwi­schen Grün­dern und Grün­de­rin­nen star­ten bereits vor der Grün­dung. Ihre Moti­ve zu grün­den über­schnei­den sich viel­fach, wie zum Bei­spiel fle­xi­bles Arbei­ten, Selbst­ver­wirk­li­chung oder die Suche nach Her­aus­for­de­rung. Außer­dem pla­gen glei­cher­ma­ßen vie­le Grün­de­rin­nen wie Grün­der Selbst­zwei­fel, vor allem zu Beginn. Am meis­ten beschäf­tigt Grün­den­de was das Umfeld über sie denkt, die Unsi­cher­heit und der Ver­lust eines fixen Einkommens.

Ein wei­te­rer Aspekt, der Grün­der und Grün­de­rin­nen ver­eint, ist, dass sie sich bei risi­ko­rei­chen Ent­schei­dun­gen eher auf den mög­li­chen Gewinn, als auf den Ver­lust kon­zen­trie­ren. Bei den befrag­ten stei­ri­schen Unternehmer:innen gab die Mehr­heit außer­dem an, dass sie Ent­schei­dun­gen eher schnell und aus dem Bauch her­aus treffen.

Eine letz­te, wit­zi­ge Gemein­sam­keit tei­len Grün­der und Grün­de­rin­nen noch: sie sind meist das erst­ge­bo­re­ne Kind – das wur­de auch in mei­nen Inter­views über­wie­gend bestä­tigt. Das ist sicher auch eine super Ice-Brea­ker-Fra­ge an Unternehmer:innen, wenn die Start­up Netz­werk Ver­an­stal­tun­gen wie­der stattfinden. 😊

 

Mein Fazit

Es stellt sich nun die Fra­ge, wie man mit den Unter­schie­den und Gemein­sam­kei­ten zwi­schen Unter­neh­mern und Unter­neh­me­rin­nen umgeht. Vor allem, ob man die Unter­schie­de zu Gemein­sam­kei­ten machen soll­te oder nicht. Nach­dem es die Gesell­schaft end­lich geschafft hat auch Frau­en halb­wegs im Unter­neh­mer­tum anzu­neh­men, wäre es sicher­lich falsch, zu ver­su­chen, die­se in eine Rol­le zu drän­gen, die sie nicht spie­len wol­len. Umge­kehrt soll­te man Unter­neh­mern ihre Wachs­tums­wün­sche nicht abspre­chen, da die­se die Glo­ba­li­sie­rung för­dern und mehr Arbeits­plät­ze schaf­fen. Viel­leicht ergän­zen sich Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer sogar unbe­wusst mit ihren Zie­len. In einer aus­ge­gli­che­nen Gesell­schaft braucht es Unter­neh­men, die Arbeits­plät­ze gene­rie­ren, aber auch Unter­neh­men, die mehr sozia­le Ver­ant­wor­tung über­neh­men. Hier muss man sich auch klar von Begrif­fen wie „rich­ti­ges“ oder „fal­sches“ Unter­neh­mer­tum ver­ab­schie­den – das gibt es nicht. Offen­sicht­lich braucht es sogar bei­des in glei­chen Maßen.

Dass es Unter­schie­de zwi­schen Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mern gibt, muss ange­nom­men und akzep­tiert wer­den. Sich davor zu ver­schlie­ßen und zu den­ken, dass Unter­neh­mer und Unter­neh­me­rin­nen völ­lig frei und los­ge­löst von gesell­schaft­li­chen Erwar­tun­gen und Rol­len­bil­dern agie­ren, wäre naiv. Der ein­zi­ge Weg ist hier, das Bes­te aus den Unter­schie­den zu machen und zu ver­su­chen, Syn­er­gien zu schaf­fen. Da mehr Diver­si­tät inner­halb eines Teams nach­weis­lich zu mehr Inno­va­ti­on führt und die befrag­ten gemisch­ten Teams maß­geb­lich von den unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen pro­fi­tie­ren konn­ten, wäre es defi­ni­tiv von Vor­teil, wenn sich mehr Frau­en mit Män­nern zusam­men­schlie­ßen und ihre Unter­schie­de zu ihrem Vor­teil nutzen.

Des­halb braucht es in Zukunft mehr Netz­wer­ke, Events und Ver­an­stal­tun­gen, wo gleich vie­le Unter­neh­me­rin­nen wie Unter­neh­mer zusam­men­fin­den kön­nen. Denn ich bin über­zeugt davon, dass wir viel von­ein­an­der ler­nen kön­nen und gemein­sam Gro­ßes errei­chen können!

Ver­fas­se­rin:

Julia Scha­din­ger, CMO & CSO der REELOQ GmbH und Prä­si­den­tin des Ideen­trieb­werk Graz.

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